Das Führen mit Masken

  • Mit welchen unterschiedlichen Masken treten Sie auf Ihrer Bühne auf?

  • Wie wohl fühlen Sie sich mit Ihrer Maskerade, bzw. ist Ihnen bewusst, dass Sie Masken tragen und entsprechend Ihrer Masken Ihre Auftritte gestalten?

  • Und was denkt Ihr Publikum, Ihre Mitarbeiter über Ihre Auftritte?

Mag sein, dass ich Sie mit meinen Fragen irritiere.

Doch das Maskenspiel ist etwas ganz alltägliches. Wir alle haben verschiedene Rollen und Masken, mit denen wir uns auf den Bühnen des Lebens bewegen. Mit Hilfe der Masken versuchen wir das Leben zu gestalten, und entsprechend der jeweiligen Situation und Position zu lenken und zu führen.

Das Themenfeld Masken und Rollen im Leben ist äußerst komplex und vielfältig. Ich kann in diesem Beitrag nur einen winzig kleinen Ausschnitt behandeln. Doch mir erscheint dieses Thema so spannend und auch relevant, beruflich wie auch privat, dass ich die riesigen Lücken in diesem Beitrag akzeptiere.

 

Jedes Genie trägt eine Maske, ja braucht eine Maske

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So die Aussage von Nietzsche [1]

  • Die Frage ist nur: Ist uns das wirklich bewusst?

  • Welche Folgen hat ein unreflektierter Umgang mit Masken?

Mag sein, dass Sie Ihr Maskenspiel ohnehin bewusst gestalten, und in verantwortungsbewusster Weise nutzen.

Doch meist verliert sich das Bewusstsein über den Gebrauch von Masken im Gefecht des beruflichen und privaten Alltags, und das kann unangenehme Folgen mit sich bringen – beruflich wie auch privat – worauf ich später in diesem Beitrag kurz eingehe.

 

Das Grundgerüst im Maskenspiel

Jede Maske beinhaltet ein Paket von bestimmten Regeln, Gesetzen oder Normen von Verhaltens- und Stilweisen, anhand dieser man sich entsprechend im Alltag zu positionieren versucht. Das „Aufsetzen“ der Maske bedeutet die Anerkennung der Regeln.

In der Quintessenz geht es immer um das erfolgreiche Meistern einer bestimmten Situation mit Hilfe einer Maske, um ein „So-gesehen-zu-werden“, um Machtdemonstration. Das beschränkt sich jedoch nicht auf den beruflichen Alltag, sondern wird auch im Privaten, meist in anderer Weise, angewendet.

 

Das Maskenspiel auf unterschiedlichen Bühnen

Je nachdem mit welcher Zielgruppe und Lebenssituation wir es zu tun haben, werden unterschiedliche Rollen eingenommen. Das tun wir so automatisch, dass uns das meist nicht bewusst ist:

  • Die Maske „privates Ich“ (Vater, Mutter, Ehepartner, …)

  • Die Maske „berufliches Ich“ (Unternehmer, Manager, Kollege, …)

  • Die Maske „gesellschaftliches Ich“ (Trainer/ Funktionär im Sportverein, Schöffe, Gemeinderat, …)

  • Die Maske „ … Ich“

Alle diese „Rollen“ der Persönlichkeit stehen nicht wie die Säulen der Akropolis unverrückbar nebeneinander, sondern befinden sich in reger Interaktion miteinander. Das kann sich positiv auswirken, wenn die Rollen harmonieren und sich gegenseitig unterstützen. Es kann jedoch auch anstrengend und mühsam sein, wenn sich die Bedürfnisse, Erwartungen und Anforderungen der Rollen ins Gehege kommen, sich widersprechen, sich nicht miteinander vereinbaren lassen und sich gegenseitig schwächen.

Entsprechend ungünstig verläuft dann auch die Vorbildwirkung der jeweiligen Rolle. Denn jede Rolle die wir einnehmen und verkörpern, hat als zusätzliche Dimension auch noch die der Vorbildwirkung – was häufig vergessen wird. Im Rollenspiel übernimmt man sehr schnell unbewusst das Verhalten von anderen. In der Lerntheorie spricht man dabei vom Imitieren – der Hauptfaktor im Lernen.

 

Quick-Check Ihrer Rollen

  • Welche Rollen leben Sie/ füllen Sie aus?

  • Welche Zielgruppen sprechen Sie in Ihren Rollen an, bzw. wollen Sie erreichen?

  • Mit welchem Verhalten stoßen Sie in welchem Umfeld/ bei welcher Zielgruppe auf Unverständnis, obwohl es für Sie ganz in Ordnung und richtig erscheint?

  • Was tun Sie, um Ihre Rollen gut zu managen, und diese als gutes Team miteinander agieren zu lassen?

Im Folgenden möchte ich noch 3 Aspekte in Bezug auf das Thema „Das Führen mit Masken“ kurz erläutern. Selbst diese Erläuterungen sind nur grobe Anreißer, doch meiner Meinung nach so relevant, dass auch ein Anreißen den einen oder anderen nutzbringenden Reflexionsimpuls vielleicht auszulösen vermag.

  • Die soziale Maske und Ihre Kehrseiten

Traditionelle Organisationen haben die Identität der Menschen mit einer Rolle, einer Maske geregelt, die die jeweilige Zugehörigkeit zu einer Schicht, über einen Titel, über Rangordnungen und Uniformen sichtbar macht. Selbst mit der Wahl eines bestimmten Kleidungsstils, nehmen wir eine bestimmte Identität an, eine soziale Maske.

Ein Bischof ist sofort durch seine Robe als ein solcher zu erkennen. Ein Lagerarbeiter ist durch die Kleidung von einem Ingenieur zu unterscheiden, ein Künstler von einem Manager, usw. Jede dieser Rollen ist mit einem bestimmten Habitus belegt. Die Kleidung allein macht es nicht aus, aber daran lässt sich relativ einfach das Spiel mit Masken beschreiben.

Im beruflichen Kontext hat sich dieses Spiel professionalisiert, u.a. auch mit dem Ziel, das komplexe Zusammenwirken im beruflichen Kontext zu vereinfachen, ein Gefühl von Stabilität und klaren Handlungsweisen zu installieren, und Macht zu sichern.

Doch dieses Gefühl von Stabilität und Machtsicherung hat einen Preis. Wir distanzieren uns durch das Einnehmen von fixen Rollen von unseren persönlichen Wünschen, Bedürfnissen und Gefühlen. Stattdessen leben wir eine festgehaltene Maske mit all den damit zusammenhängenden Dilemmata. Auf Dauer führt das zur Unzufriedenheit, zu innerer Spannung, und schlussendlich zu verantwortungslosem Handeln.

Um nicht im Spiel mit den Masken allzu sehr eingeschränkt zu werden, oder in der Vielzahl von unterschiedlichen Rollen verloren zu gehen, braucht es ein Innehalten, ein bewusstes Auseinandersetzen mit sich und seinen Masken.

  • Adäquater Umgang mit den „Rollen“

Manche „Schauspieler“ auf der Bühne können ein ganzes Stück im Alleingang bestreiten, indem sie die Rollen und Masken ständig wechseln. Sie sind ein Meister ihres Fachs. Im täglichen Leben verwenden wir ebenfalls, meist unbewusst, eine Vielzahl möglicher (Selbst)Darstellungen.

Doch im Gegensatz zum Schauspieler tun wir das nicht bewusst, und das kann unangenehme Folgen haben: Beispielsweise wenn eine Gruppe von Betriebsräten oder Vertriebsmitarbeitern als „Incentive“ „Lustreisen“ auf Geschäftskosten unternehmen. Dann hat sich deren berufliche Rolle mit ihrer privaten Eros-Rolle ganz mächtig verheddert. Wir haben es dann nicht nur mit einem Complaince-Verstoß zu tun.

Hie und da spüren wir, dass wir eine Maske nutzen, uns damit schmücken, und damit versuchen gewisse Aufgaben durchzuboxen. In der Hektik des Lebensalltags, und auch durch die jahrelange Gewohnheit bestimmte Masken zu tragen, vergessen wir jedoch diese Masken und deren Wirkungselemente. Die damit verknüpften Emotionen und Folgen werden nicht mehr wahrgenommen.

Um mit den Ansprüchen und Anforderungen von Rollen bestmöglich, das heißt umfassend verantwortungsbewusst, die eigene und fremde Integrität akzeptierend, umzugehen, ist es notwendig:

  • sich zu bemühen, die Rollen sauber auseinander zu halten

  • Rollen, die sich verheddert haben, auseinander zu dröseln, und

  • sich der Vorbildwirkung bewusst zu sein

Gerade heute, in den digitalen Zeiten, ist es noch wichtiger sich mit dem Maskenspiel auseinanderzusetzen. In den digitalen Welten wird das Spiel mit den Masken noch plakativer gelebt, und entsprechend festgelegt. Die Gefahr sich dabei selbst zu verlieren, sprich sich selbst in Bezug auf die Realität, in Bezug auf seine Position im Unternehmen, in Bezug auf die Mitarbeiter, falsch einzuschätzen, ist groß.

  • Digitale Zukunft geht nicht mit alten Masken

Wir leben heute in spannenden Zeiten, welche in vielfacher Sicht auch eine Herausforderung darstellen. Die digitale Welt und sozialen Medien treiben das Maskenspiel in andere Dimensionen. Das Maskenspiel der alten Welt greift nicht mehr in der gewünschten Weise.

Es braucht u.a. neue Masken, um gesehen, gehört und anerkannt zu werden. Unsere alten Masken passen nicht auf die Digitale Bühne. Sie sind in der Regel nicht stimmig, wirken störend und nicht zeitgemäß, teilweise sogar komisch und lächerlich. Die Führungskräfte des „alten Spiels“, die auf der „analogen Bühne“ zu Hause waren, müssen in einem oft schmerzvollen Prozess lernen, ihre alten Masken loszulassen und Neue zuzulassen.

In diesem Übergangsprozess wird es viele Irritationen und Skurrilitäten geben, welche Gunter Dueck treffend als Cargo Kult beschrieben hat. Denn allein durch das Spiel mit den neuen Masken tritt der Wandel nicht ein. Dazu braucht es auch einer geänderten Einstellung und Haltung, einen bewussten Umgang mit den Masken der Vergangenheit und Zukunft.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein erkenntnisreiches und lustvolles Masken-Abenteuer.

 Ihr Günther Wagner

 

Literaturquellen:

[1] Friedrich Wilhelm Nitzsche: „Jenseits von Gut und Böse“; S. 42.

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