Die neuen Götter im Management
Am Haus Nummer 19 in Hamburg leuchten sechs knallbunte Buchstaben. Der dort ansässige Arbeitgeber wurde von den internationalen HochschulabsolventInnen zum vierten Mal in Folge zum beliebtesten Arbeitgeber der Welt gewählt. Dort arbeiten 350 Menschen, im Schnitt sind sie 35 Jahre alt.[1]
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In Riesenkörben finden Videokonferenzen statt.
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In nachgebauten Flugzeugkabinen werden Besprechungen abgehalten.
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Manche Gänge erinnern an U-Bahnhöfe.
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Es gibt einen Pool, in dem man in Schaumstoffwürfeln baden kann.
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Dreimal die Woche kommt ein/e MasseurIn, im Fitnessstudio findet Yoga, Hip-Hop und Boxen statt.
All das können die MitarbeiterInnen dort während ihrer Arbeitszeit tun. Das alles ist obendrein kostenfrei, und der Erfolg dieses Unternehmens lässt andere erblassen – es ist Google.
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Da stellt sich mir als Berater schon die Frage, ob Google die Erfolgsfaktoren der Zukunft besser versteht und zu integrieren versucht, wo andere Unternehmen noch nachhinken.
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Dieses Unternehmen arbeitet vorwiegend mit jungen Leuten. Mag das u.a. ein Grund sein, warum dort der Erfolg trotz Globalisierung und digitalen Wandel anhält bzw. neidvoll ansteigt?
Steht den Unternehmen ein Generationskonflikt bevor?
read more Das Generationsproblem ist ähnlich gelagert wie das Genderproblem, worauf ich u.a. im letzten Artikel „Seid demütig – eine neue Managementstrategie?“[3] eingegangen bin. Lufthansa hat das bemerkt und möchte mehr junge Führungskräfte einstellen, um eine bessere Durchmischung der älteren und jüngeren Führungskräfte zu gewährleisten.[4] Das Ungleichgewicht zwischen älteren und jüngeren Führungskräften ist in vielen Unternehmen deutlich erkennbar. Daniel Goeudevert[5], Automanager, Unternehmensberater und französischer Literat sagt nachdrücklich, dass gute Führung multisex, multicultural und eben auch multiage sein muss. Doch wie sieht es in der Realität in den Unternehmen aus? Stellen sich Unternehmen neben fachlichen, technischen und globalen Belangen auch die Frage, in welcher Weise die junge Generation ihr Unternehmen zu verändern vermag? Welches neue Wissen und Potential könnte mit den Jungen in das Unternehmen Einzug nehmen – sofern man diese auch tun lässt? Klaus Hurrelmann, Berlinger Jugendforscher spricht aktuell von der dritten Generation nach 1945, der Generation Y oder den sogenannten Millennials, die Deutschland verändern werden. Die SkeptikerInnen der Nachkriegsjahre haben die Welt wiederaufgebaut. Die von diesen großgezogene, nächste Generation, die sogenannte Golf-Generation wächst gestärkt kämpferisch, konsumorientiert, repräsentabel und busy auf. Und jetzt kommt die dritte neue Generation mit dem Slogan: Alles ist möglich. Alles ist ständig im Fluss und nichts bleibt wie es einmal war.[6] Diese dritte Generation nach 1945 will anders arbeiten, anders leben, anders sein als das was bisher war![7] Diese Generation ist mit unzähligen Optionen groß geworden – im Alltag und Internet. Sie betreibt tagtäglich biografisches Selbstmanagement.[8] Sie kennt die Grenzenlosigkeit und verfolgt genau das – im Beruf und Privat.[9] Im Büro will die Generation Y private Gespräche führen und privat beantwortet diese Mails von KundInnen. Die Generation Y wurde im Internetzeitalter sozialisiert, wodurch deren Leben eine völlig andere Prägung bekam als das der vorhergehenden Generationen. Die Millennials fordern Freiraum, Eigenverantwortung, Ungebundenheit. Sie wollen sich selbst verwirklichen und den eigenen Sinn finden – die Antwort auf das Warum finden. Die Digitalisierung unterstützt das in vermutlich noch nicht voll erfassten Weise.[10] Wilfried Porth, der Personalvorstand von Damiler, sagt, dass die Jungen zu ihnen nur dann kämen, wenn sie im Unternehmen etwas gestalten und die Welt verbessern könnten. Auch bei McKinsey zeigt sich, dass sie die Jungen mit anderen Angeboten motivieren müssen als bloß mit einem sechsstelligen Einstiegsgehalt. Die Jungen wünschen sich Auszeiten im Job, statt einem Dienstwagen ein Firmenfahrrad, Bahnfahren statt Fliegen, u.a. Jörg Leuninger, Personalscout bei dem Chemiekonzern BASF musste selbst erleben, wie die Jungen die Unternehmensstrategie von BASF vor anwesenden Vorständen und Bereichsleitern offen und kritisch in Frage stellten. Sie wollten konkret wissen, wie nachhaltig die Chemie-Industrie wirklich ist.[11] Diese neue Generation Y, die Millennials, die nun vermehrt auf den Arbeitsmarkt strömen verlangen Aufmerksamkeit, Fürsorge, Mitsprache, ständiges Feedback.[12] Sie zweifeln Autoritäten erst einmal an, außer der Chef kann sie durch entsprechendes Auftreten ihnen gegenüber beeindrucken. Sie wollen als Chef eine/n MentorIn und keine/n AnsagerIn oder AufpasserIn.[13] Die Millennials hinterfragen so gut wie alles, u.a.:[14] Ist das was der Chef sagt, tatsächlich richtig und gut für alle? Warum will ich in diesem Unternehmen überhaupt tätig sein als junge MitarbeiterIn, und wie will ich die Arbeit mit dem Privaten verbinden? Muss das Unternehmen der Umwelt schaden? Warum können die Unternehmen nicht besser miteinander kooperieren? Es geht nicht um Konkurrenz. Es geht um Selbstverwirklichung, bei der man sich gegenseitig unterstützt. Die Haltung des „Ich achte darauf, dass ich bekomme, was mir guttut“ zeigt sich jedoch nicht nur in der Elite der neuen Generation. Auch die Jungen ohne Abitur stellen andere Erwartungen. Sie haben erkannt, dass das Bildungssystem durchlässiger ist, dass es möglich ist auch ohne Abitur später noch zu promovieren und Karriere zu machen.[15] Damit wird das Klassen- und Elitedenken auch durchlässiger und weniger relevant. So schreibt Monika Jiang, Millenial Acitivistin und Strategieberaterin von Soulworx: New Work ist ein Mindset und eine Haltung, mit der die individuelle Gestaltung von Leben und Arbeit beginnt.[16] Der Nobelpreisträger für Ökonomie Daniel Kahnemann zeigt, was den jungen Generationen wichtig ist. Die Jungen spüren, dass Glück nur dann zu erleben ist, wenn man die Aufmerksamkeit auf etwas Angenehmes richtet. Sie verstehen, dass ein tolles Auto nett sein mag. ABER man kann sich nicht auf lange Zeit darauf konzentrieren, und somit macht das tolle Auto nicht glücklich. Das Erleben steht bei den Jungen im Mittelpunkt für Zufriedenheit und nicht das Haben.[17] Das Erleben in virtuellen Welten, die Gamification ist die Arbeitsweise der jungen Generation. Damit werden die digitalfreudigen jungen Netzwerkkohorten zur maßgeblichen treibenden Kraft des technologischen Wandels.[18] Wie sieht das bei Ihnen persönlich aus? Die Lästerungen, dass die Generation Weichei bzw. Generation Y mit ihrer Denk- und Verhaltensweise weniger leiste als die anderen, stimmt nur einseitig betrachtet. Es mag sein, dass sich die Jungen bereits im Bewerbungsgespräch nach Sabbaticals, Eltern-, Teil- und Auszeiten erkundigen. Es mag von einem bestimmten Standpunkt aus betrachtet so wirken als ob die Jungen Luxusgeschöpfe wären, die entsprechend dieser Haltung die Unternehmen fordern bzw. kein Unternehmen es ihnen recht machen könne.[19] Doch die 2010 erstellte Shell-Jugendstudie zeigt, dass bei den jungen Menschen Tugenden wie Fleiß, Ehrgeiz, Kollegialität, soziales Engagement und persönliche Entwicklung hoch im Kurs stehen. Die Lebensläufe der Nachwuchskräfte sind voll von Praktika, Kursen, Auslandsaufenthalten und sozialen Projekten.[20] Ihre Werte und Arbeitsweisen unterscheiden sich einfach von denen der älteren Generation in einer Weise, die für die Älteren vielleicht nicht ganz so leicht zu verstehen ist. Die älteren Generationen sind anders aufgewachsen, mit anderen Möglichkeiten und Chancen. Manche der Älteren blicken vielleicht unbewusst mit etwas Neid auf die Jüngeren, die manches im Leben viel leichter nehmen. So wäre es eigentlich sinnvoll, die neuen typischen Verhaltensmuster junger MitarbeiterInnen zunutze zu machen anstatt dagegen anzukämpfen.[21] Doch dafür sollten die EntscheiderInnen nicht nur rational, sondern vor allem emotional verstehen wie die Generation Y tickt und welches Potential in diesen schlummert. Die Digitalisierung wird mit Hilfe der jungen Generation weitaus leichter zu meistern sein – jedoch nur, wenn man der jungen Generation entsprechend entgegenkommt. Andernfalls verlassen diese das Unternehmen sehr schnell, und es geht eine Menge Potential verloren. Seien wir ehrlich. Wir sind alle voneinander abhängig. Die Jungen von den Alten und die Alten von den Jungen – zumindest sehe ich es so. In manchen Bereichen braucht es das Wissen und die Reife von älteren Menschen und in anderen den verspielten Umgang mit neuen Lebenswelten. Als Team könnten ältere Führungskräfte gemeinsam mit jüngeren Nachwuchskräften vermutlich sehr viel bewegen. Die Unternehmen müssen jedoch attraktiver und verständnisvoller werden. Aktuell verlassen mehr Menschen altersbedingt den Arbeitsmarkt als junge Menschen nachkommen. Das führt dazu, dass die Generation Y sich das Unternehmen aussucht, dass ihnen entgegenkommt. Die anderen Unternehmen werden das Nachsehen haben.[22] So zeigt eine Studie von Deloitte, dass die Generation Y innerhalb der nächsten 2 Jahre ihren aktuellen Job an den Nagel hängen wollen. Der Grund dafür ist zu wenig Anerkennung und Förderung von den Unternehmen. Sie wollen eine Arbeit machen, die ihnen am Herzen liegt und Sinn macht.[23] Die ältere Generation verkennt das Potential der Generation Y – selbstverständlich nicht alle. Viele der Älteren sehen vermehrt nur die Forderungen der Jungen, die damit die Kompetenzen und Verhaltensweisen der älteren Führungskräfte in Frage stellen. Gleichzeitig braucht es tatsächlich diese neuen Kompetenzen und Forderungen der jungen Generation, um den digitalen Wandel erfolgsversprechend zu meistern. Mit den neuen Managementtools und Strategien sind jedoch einige der älteren Führungskräfte überfordert, u.a. mit: Sinnökonomie[24] Kollaboration[25] Flache Hierarchien[26] bzw. neue Freiheiten im Leadership[27] Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung Doch die Generation Y zahlt auch einen Preis für ihr freies, grenzenloses Arbeiten wollen. So zeigt sich bei diesen Mitte 20ig eine Art vorgezogene Midlife-Crisis, genannt Quarterlife-Crisis.[28] Die Millennials sind aufgewachsen mit dem Slogan „Alles ist möglich“ und wollen ungern etwas ausschließen bzw. verneinen und damit ihre Freiheiten einschränken. Das macht Druck – zeitlich und emotional. Zusätzlich soll das was man so tut Sinn machen. Doch bei den vielen Optionen überall den Sinn ergründen und entsprechend sich danach richten, erhöht zusätzlich die Komplexität des Alltags der Jungen. Die Selbstinszenierung, das Besonderssein mag Spaß machen. Doch unentwegt sich über sich selbst und die eigene Inszenierung Gedanken machen, das kostet ebenfalls Kraft und Zeit. Darüber hinaus gibt es viele andere, die sich ebenfalls für besonders halten und alles dafür tun, das zu sein und zu bleiben. Das nährt möglicherweise auch Gefühle wie Neid und unvollkommener zu sein, …[29] So gesehen geht es nicht darum, die Jungen oder Älteren gegenseitig auszuspielen, sondern vielmehr darum sich gegenseitig zu unterstützen, die Herausforderungen im Beruf und ebenso Privat auf stimmige und motivierende Weise zu meistern. Ihr Günther Wagner Literaturquellen: [1] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen. reduce text
Alles ist möglich, nichts bleibt
Die Generation Y verlangt ein Umdenken der Unternehmen
Kritik an den Millennials
[Über]Forderungen gemeinsam überwinden
[2] https://www.xing.com/news/klartext/die-alten-sind-das-problem-1572. Am 2017-05-02 gelesen.
[3] Seid demütig – eine neue Managementstrategie?
[4] http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/lufthansa-fordert-von-nachwuchs-mehr-beweglichkeit-a-1145568.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Goeudevert. Am 2017-05-02 gelesen.
[6] http://www.zeit.de/2013/11/Generation-Y-Arbeitswelt. Am 2017-05-02 gelesen.
[7] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[8] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[9] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[10] http://www.capital.de/meinungen/new-work-braucht-individualitaet.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[11] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[12] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[13] https://www.hrweb.at/2017/04/kommunikation-digital-natives/. Am 2017-05-02 gelesen.
[14] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[15] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[16] http://www.capital.de/meinungen/new-work-braucht-individualitaet.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[17] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[18] https://www.hrweb.at/2017/04/kommunikation-digital-natives/. Am 2017-05-02 gelesen.
[19] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[20] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/generation-y-wollen-die-auch-arbeiten/v_detail_tab_print/7929006.html. Am 2017-05-02 gelesen.
[21] https://www.cio.de/a/so-tickt-die-generation-y,2903250. Am 2017-05-02 gelesen.
[22] https://www.xing.com/news/insiders/articles/new-work-digital-ist-der-neue-normalzustand-375239. Am 2017-05-02 gelesen.
[23] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/beruf-und-buero/buero-special/millennials-in-der-arbeitswelt-haben-wir-der-generation-y-zu-viel-zugemutet/12830888.html. Am 2017-05-03 gelesen.
[24] Mehr dazu in meinem Artikel: Erfolgsgarantie durch Sinn-Ökonomie.
[25] Mehr dazu in meinem Artikel: Erfolgstool Nr. 3 im Management.
[26] U.a. erwähnt in meinem Artikel: Gewinner im Hierarchie-Netzwerk-Krieg.
[27] Mehr dazu in meinem Artikel: https://www.linkedin.com/pulse/die-neue-freiheit-im-leadership-g%C3%BCnther-wagner.
[28] http://www.huffingtonpost.de/marco-zander/generation-y-lebenskrise-mitte-20-verzweiflung-depression_b_12797168.html. Am 2017-05-03 gelesen.
[29] https://www.welt.de/icon/article133276638/Warum-die-Generation-Y-so-ungluecklich-ist.html. Am 2017-05-03 gelesen.