Förderliches Management in VUCA-Zeiten – anstelle von Frust
Das wollen vermutlich alle – Sie, ich, die Vorstände, die Führungskräfte, die MitarbeiterInnen, die GeschäftspartnerInnen und KundenInnen. Sie wollen Ihr Unternehmen bestens auf die Herausforderungen vorbereiten. Sie wollen ein/e GewinnerIn in VUCA-Zeiten sein, und:
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Ihr Unternehmen in seiner Agilität stärken,
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Netzwerkstrukturen deutlich verbessern,
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flache Hierarchien schaffen und den Hierarchie-Netzwerk-Krieg gewinnen[1],
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Führungskräfte, einschließlich sich selbst, in ihrer Rolle neu definieren. Sie wollen u.a. den Coach in den Führungskräften, in Ihnen selbst aktivieren und eine neue Art zu führen kultivieren[2],
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ein positiv wirksames Fehlermanagement implementieren[3]
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uvm …
Doch die Frustmeldungen werden trotz eifrigen Bemühens, den Anforderungen und Herausforderungen in VUCA-Zeiten gerecht zu werden, nicht weniger. Im Gegenteil, Führungskräfte und MitarbeiterInnen gehen gemeinsam in einen kollektiven Burnout. In den Netzwerkforen, u.a. auch bei einzelnen Kommentaren zu meinen Artikeln, kann ich immer wieder lesen, dass man den Führungskräften in Ihrem Bemühen, etwas erfolgsversprechend und positiv zu ändern, nicht mehr glaubt! read more Die Frustmeldungen schießen wie Pilze aus dem Boden – warum? Woran liegt es, dass trotz gut durchdachter Maßnahmen und eifrig durchgeführten Change-Prozessen der gewünschte Erfolg ausbleibt? Es gibt kaum jemanden, der nicht darüberschreibt, dass die Unternehmen und das Management sich etwas einfallen lassen müssen, um in disruptiven Zeiten weiterhin erfolgreich zu bleiben. Es wird jedoch so gut wie immer nur über das: „Was“ geändert werden muss, geschrieben. Selbstverständlich ist das „Was“ notwendig. Doch der entscheidende Schritt um das „Was“ wirksam werden zu lassen, ist das „Wie“. Wie werden die notwendigen Veränderungen umgesetzt? Mit welcher Haltung treten die Führungskräfte den Herausforderungen gegenüber, um mit der Komplexität und einer ungewissen Zukunft innovativ, intuitiv und verantwortungsbewusst umzugehen? Das „Wie“ wird unterschätzt. Das ist meine langjährige Beobachtung und Erfahrung als Manager sowie heute als Berater und Coach. Das „Wie“ ist für die meisten unbequem, unlogisch, verlangt Selbstreflexion, Training und Disziplin. Unbewusst wissen das vermutlich viele von Ihnen, und versuchen deshalb dem „Wie“ irgendwie auszuweichen, in der Hoffnung, es wird auch ohne dem unbequemen Teil gehen. Seien Sie doch ehrlich, wer will nicht in 5 Minuten ohne nass zu werden eine Änderung erzielen? Doch das scheinbar unbequeme „Wie“ ist der entscheidende Dreh- und Angelpunkt in einem erfolgsversprechenden Change-Prozess. Solange das „Wie“ im Prozess nicht aktiv mit einbezogen wird, scheitern die noch so eifrig vom Management geplanten und zur Umsetzung gedrängten Veränderungsstrategien. Ihnen als Führungskraft sollte bewusstwerden, aus welcher Haltung heraus Sie die Change-Maßnahmen umzusetzen versuchen. Meiner Erfahrung nach besteht schon oft bei der Führungskraft selbst ein Widerwillen, Unlust und Widerstand in Bezug auf die Veränderungen. Diese Widerstände verstecken sich gerne, und werden so gut es geht verdrängt. Wer will sich schon mit seinen eigenen, und darüber hinaus mit den Widerständen der anderen herumplagen? Der Widerstand ist das beste Zeichen dafür, dass wir im Change-Prozess etwas vergessen haben – die Emotionen und Gefühle! Das „Was“ ist im Vergleich zum „Wie“ so schön klar und scheinbar einfach – so einfach wie der Austausch von kaputten Teilen an einer Maschine. Doch wir sind Menschen, und als Menschen reagieren wir alle auf Herausforderungen und notwendige Veränderungen in sehr subtiler, nicht logischer Weise. Dafür braucht es zu aller erst einmal einen kritischen und gleichzeitig respektvollen Blick zu sich selbst. Zu aller erst sollte Ihnen als Führungskraft klar sein, ob Sie in Bezug auf die Sachlage und den Herausforderungen, in Ihrem Verhältnis zu Ihren MitarbeiterInnen, der Kundenlage, u.a. die Realität verzerren, in Widerstand gehen oder sonst wie emotional angerührt sind. In emotionalen Tiefphasen können niemals neue Schritte erfolgreich umgesetzt, und auch keine innovativen Lösungen gefunden werden. Im Gegenteil, emotional angerührte Phasen lösen Stress aus. Im Stress schaltet sich das Reptilienhirn ein, rationales Denken und emotionales Feingespür sind ausgeschalten. Im Unternehmenskontext ist es leider normal, die Emotionen und auch Widerstände zu unterdrücken. Das ist die vielerorts eingeführte Unternehmenskultur. So spüren viele nicht mehr, dass sie vielleicht angerührt bzw. gestresst sind, und blockieren damit negativ die laufenden Change-Prozesse. Es ist nun einmal notwendig, ob man will oder nicht, in herausfordernden Situationen den Widerstand, den Stress und das emotionale Ungleichgewicht wieder in Balance zu bringen, bevor man weitere Maßnahmen zu setzen versucht. Wie kann man das? Halten Sie jetzt einmal kurz inne – z.B. 3 Minuten lang. In welcher Haltung lesen Sie gerade diese Zeilen? Sitzen Sie krumm, schief, gebeugt? Ziehen Sie Ihre Schultern hoch, schmerzt Ihr Rücken, Ihr Kopf, …? Nehmen Sie das wahr? Wie atmen Sie, tief oder flach – schnell oder langsam? Bekommen Sie gut Luft? Versuchen Sie Ihren Atem kurz zu beobachten, z.B. 3 Atemzüge lang. Vielleicht nehmen Sie sich selbst und Ihre Befindlichkeit jetzt etwas deutlicher wahr. Das ist gut, denn Ihre Emotionen und Widerstände drängen nach Beachtung. Nichts ist schlimmer als keine Beachtung zu erfahren – das kennt vermutlich jeder Mensch. Ihre Emotionen und Ihre Widerstände wollen ebenfalls gesehen werden. Verändert sich dadurch gerade etwas? Verändern Sie vielleicht jetzt Ihre Sitzhaltung oder Ihre Atmung? Fühlen Sie vielleicht einen weiteren Widerstand hochkommen? Was geht Ihnen gerade durch den Kopf? Geht Ärger durch Ihre Gedanken? Was Sie jetzt auch immer wahrnehmen, Sie beachten sich und ihre Befindlichkeiten. Ein wesentlicher Schritt, um Widerstände und Stress positiv in den Griff zu bekommen. Ihre Befindlichkeiten fühlen sich angesprochen und versuchen Ihnen zu zeigen, was als nächstes dran ist. Ich weiß, dass mag für einige von Ihnen jetzt seltsam erscheinen. Doch ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, versuchen Sie es und lassen Sie sich von den Wirkungen überraschen. Sie können dabei nichts verlieren, nur gewinnen, u.a. eine Pause und damit etwas Ruhe. Doch ich weiß, Sie gewinnen langfristig noch sehr viel mehr, ein grundlegendes Vertrauen in sich und andere, und innovative Lösungen. Womit ich gleich zu den weiteren Schritten, weg vom Frust hin zum wirksamen Management komme. Intuition entwickeln und Mut zur Lücke haben Mit diesen zwei weiteren Punkten löse ich ebenfalls oft ein Kopfschütteln aus. Erst im Laufe der Gespräche zeigt sich dann Interesse und auch Zugeständnis. Im wirtschaftlichen Kontext sind wir es einfach nicht mehr gewohnt, über Gefühle und deren Wirkungen zu sprechen. Wir tun so, als ob in der Wirtschaft vieles rational wie eine Maschine abzulaufen scheint. Das ist vermutlich unser Wunsch. Wir wollen das Geschehen und unsere Ziele gut im Griff haben. Alles was sich dem entgegenstellt, das versuchen wir zu verdrängen oder zu bekämpfen. Aber so lässt sich kein Change erfolgsversprechend führen, schon gar nicht in VUCA-Zeiten. Das digitale Zeitalter verlangt auch Emotion und Intuition. Rationalität und Intuition sind dabei kein Gegensatz, sondern Ergänzung. Doch Intuition ist nicht greifbar, nicht messbar und nicht aus Fachzeitschriften heraus erlernbar. Sie ist auch keine übernatürliche Kompassnadel, die uns auf geheimnisvolle Weise unfehlbar den richtigen Weg weist. Intuition ist nichts weiter als eine unbewusste, körperliche und emotionale Verarbeitung und Bewertung aller Wahrnehmungen, Eindrücke und Erkenntnisse. Die Intuition ist dabei wesentlich schneller als unser Verstand. Klingt nett, aber wie soll bloß eine über Jahre hinweg, nicht beachtete Intuition eine vertrauensvolle Wegbegleitung sein bzw. werden? Ich selbst habe mir diese Frage früher auch oft gestellt. Heute kann ich mit Überzeugung sagen, es gibt Wege die Intuition in den Businessalltag zu integrieren. Beginnen wir mit einer kleinen Definition: Gerhard Roth empfiehlt zum Aufbau der Intuition 3 Schritte. Ich lehne mich ein wenig an seinen Schritten und an denen von Marie Mannschatz an, die ich frei, stark angereichert durch meine persönliche Erfahrung interpretiere. Versuchen Sie z.B. 3x am Tag verteilt für kurze Zeit, 3 Minuten lang inne zu halten, und Ihre körperlichen wie auch gedanklich, emotionalen Bewegungen zu beobachten. Lernen Sie, Ihre Gedanken wie am Himmel ziehende Wolken zu betrachten – egal zu welchem Thema. Vielleicht haben Sie jetzt gerade Lust, das auszuprobieren. Nehmen Sie sich ein Thema Ihrer Wahl, und versuchen Sie nun die Gedanken dazu ganz frei wie Wolken am Himmel ziehen zu lassen für z.B. 3 Minuten lang. Beschränken Sie sich auf das Beobachten, versuchen Sie nicht bestimmte Gedanken festzuhalten – ich weiß, das ist besonders schwer. Wir greifen oft blitzschnell zu ganz bestimmten Gedanken, wollen diese festhalten oder mit Druck in eine andere Richtung bewegen. Versuchen Sie in dieser Übung das nicht zu tun bzw. wahrzunehmen, was mit Ihnen geschieht, wenn Sie einzelne Gedanken festhalten. Sie werden merken, Sie bekommen einen Tunnelblick und viele andere Gedanken und damit verbunden Emotionen entziehen sich in Folge Ihrer Aufmerksamkeit, u.a. auch die Intuition. Wenn Sie merken, dass Zweifel in Ihnen hochsteigen, dann nutzen Sie diese gleich für eine weitere Übung. Versuchen Sie den Zweifel, das „Entweder-Oder“, das „Geht-So-Nicht“ im Denken durch ein „Und“ zu ersetzen. Sobald ein Zweifel hochsteigt, versuchen Sie den Zweifel mit einem „Und“ zu erweitern ohne weitere Argumente, einfach nur ein „Und“ setzen. Um Entscheidungen mit der Intuition stärker zu verbinden, rate ich Ihnen gemeinsam mit Roth, einen möglichen Entschluss aufzuschieben. Das heißt, verschieben Sie den Termin für Ihre Entscheidung. Geben Sie der Entscheidung noch etwas mehr Zeit, z.B. gehen Sie noch auf die Toilette bevor Sie Ihre Entscheidung treffen, oder holen Sie sich was zum Trinken, oder schlafen Sie noch eine Nacht darüber, … Nutzen Sie das Prinzip: Erkennen, benennen, ausgleichen, loslassen. Das heißt, Sie nehmen war, was jetzt ist: körperlich, emotional, gedanklich. Sie können benennen, was Sie gerade wahrnehmen, z.B. Zweifel, Druck in der Brust, … Sie reagieren nicht sofort auf die emotionalen und gedanklichen Ausbrüche, sprich Sie warten die ersten Regungen ab, und setzen erst dann den weiteren Schritt. Sie lassen von der Annahme los, dass Sie einzig allein für alles verantwortlich sind. Sie sind ein Teil von vielen. Nehmen Sie sich und Ihren Stolz und Ihren Machtanspruch ein wenig zurück. Ich spreche bei der Intuition oft auch vom leibhaftigen Wissen, vom Embodiment-Management[4]. Manche Menschen haben einen spontanen Zugang zu einer Art Bauchgefühl. Vielleicht kennen Sie dieses Gefühl. Es ist manchmal nur ganz kurz wahrzunehmen, aber wenn man täglich versucht immer wieder in sich zu hören, was da so in einem selbst z.B. im Bauch zu spüren ist, dann wird das Bauchgefühl lauter und deutlicher. Ich weiß, das ist vielleicht überhaupt nicht das, was Sie als Führungskraft in schwächelnden Change-Prozessen an Ratschlägen hören wollen. Sie werden sich vermutlich nun fragen, wie Sie überhaupt sicher sein können, dass gefühlsbetonten Entscheidungen und entsprechenden Maßnahmen richtig sind? Eine selbstverständlich äußerst relevante Frage. Ich antworte darauf, dass es im Leben selbst keine 100% Sicherheit gibt, außer dem Tod. So gesehen braucht das Leben den Mut zur Lücke. Im Beruf, wie auch Privat steigen täglich die Auflagen, Richtlinien, Ansprüche und sonstigen Aspekte. Die beruflichen wie auch privaten Anforderungen sind so umfassend, dass es so gut wie kaum noch möglich ist, alles 100%ig im Griff zu haben. Es braucht in disruptiven Zeiten den Mut zur Lücke. Wir können darauf vertrauen, dass wir die Lücken meistern und mit Hilfe der Intuition kreative Lösungen finden. Dieses Vertrauen fehlt jedoch leider häufig. Viele von uns haben eine Sozialisierung hinter sich, die den Mut zur Lücke und das kreative Potential der Intuition nicht genug gefördert haben, sondern diese als unrealistisch und weltfremd verurteilten und damit ins Abseits schoben. Was können Sie nun konkret tun, um den Mut zur Lücke zu reaktivieren? Schenken Sie sich etwas Zeit, nehmen Sie Ihren Atem wahr, wie schon weiter oben beschrieben. Wie atmen Sie gerade? Schnell, aufgeregt, flach? Oder tief in den Bauch hinein? Müssen Sie gerade nach Luft schnappen? So wie Ihr Atem im Moment ist, so ist es jetzt. Versuchen Sie das nicht zu beurteilen, respektieren Sie Ihren Atem so wie er gerade ist. Das alleine genügt, und Ihr Atem wird sich ohne Druck verändern und ohne Ihr Zutun verändern. Setzen Sie bewusst eine Lücke in Ihrem Alltag: z.B. anstatt eine weitere Fachzeitschrift zu lesen, gehen Sie ins Kino. Statt mit den Kindern in den Zoo zu gehen, setzen Sie sich auf eine Parkbank und warten ab was passiert. Entspannen Sie durch eine kleine Übung: Nehmen Sie sich kurz Zeit, spannen Sie jetzt alle Muskeln kurz an, so stark es geht, auch Ihre Gesichtsmuskeln. Beißen Sie Ihre Zähne zusammen, spüren Sie sich in Ihrer Anspannung. Und jetzt, jetzt lassen Sie Ihre Anspannung los. Lockern Sie Ihr Gebiss, Ihre Schultern. Spüren Sie den Kontrast zwischen Anspannung und Entspannung. Es geht dabei nicht um die Bewertung, Anspannung ist schlecht und Entspannung gut. Es geht einfach nur um das Wahrnehmen. Das fördert Ihr Selbstbewusstsein und damit den Mut zur Lücke. Mag sein, dass es für eine Reaktivierung der Emotionen, Intuition und Courage einen Anstoß von außen, eine erfahrene, ehrliche und reflektierte Begleitung und etwas Disziplin braucht. Intuition und ebenso den Mut zur Lücke besitzt jeder von uns. Es ist uns von Natur gegeben. Wir nutzen dieses Wissen nur nicht, bzw. haben es verabsäumt dieses Wissen in unseren beruflichen Alltag zu integrieren. Das verlangt ein bestimmtes Maß an Selbst-Führung und der damit verbundenen Selbst-Erkenntnis. Für manche von Ihnen mögen diese Schritte anfangs vielleicht mühsam sein, aber ich kann Ihnen versprechen, dieser Weg ist unglaublich spannend und befriedigend. Es braucht anfangs einen langen Atem[5]. Doch bereits am Anfang vom Weg, bei jedem Versuch das „Wie“ mit dem „Was“ in den Alltag zu verankern, werden Sie Erfolge feststellen. Ich weiß, mit dem „Wie“, wie ich dieses verstehe und als notwendige Maßnahme zur Begleitung von Change-Prozessen sehe, werden die altbewährten Management-Tools ziemlich gerüttelt. Das „Wie“ fordert viele heraus, und ist gleichzeitig der erfolgsversprechende Schritt in das neue digitale Zeitalter. Die Welt verändert sich. Führung auch.[6] Ihr Günther Wagner Literaturquellen: [1] Aus meinem Artikel: Gewinner im Hierarchie-Netzwerk-Krieg reduce text
Es gibt einen tiefgreifenden Grund: Das „Wie“!
Hier beginnt der erste Schritt hin zu einem erfolgsversprechenden „Wie“
Tipps zur Bewältigung der Widerstände
Der zweite und dritte Schritt für ein zukunftsorientiertes Management
Tipps zur Verbesserung der Intuition
Tipps zur Entwicklung von Mut zur Lücke
Was bisher nicht war, kann an Wissen nachgeholt werden
[2] Aus meinem Artikel: Die neue Freiheit im Leadership
[3] Aus meinem Artikel: 10 Tipps für eine positive Fehlerkultur
[4] Mehr Information zum Embodiment-Management finden Sie auf meiner Webseite.
[5] Aus meinem Artikel: Verhaltensänderung braucht einen langen Atem
[6] http://www.osb-i.com/sites/default/files/presse/osb_leadership_navigator.pdf