Was wollen Sie riskieren?
Meiner Meinung nach ist Risikomanagement ein Muss in der heutigen Zeit. Alles verändert sich unfassbar rasant, und die Grenzen verschieben sich, ob wir wollen oder nicht.
Aus- und Aufbrechen
Wir brauchen den Ausbruch aus den alten Strukturen, um den Umstieg in ein neues Zeitalter halbwegs unfallfrei zu überstehen. In der Geschichte hat sich vielfach gezeigt, besonders deutlich am Anfang des 20.Jhdt. im Aufkommen der industriellen Revolution, dass rasante Umbrüche – ohne kluge und weitsichtige Leader – ganze Gesellschaften national und global in ein Chaos stürzten. Deshalb propagiere ich immer wieder aufs Neue, wie z.B. auch in meinem Zyklus „Wirksam Führen wie ein Samurai“, dass wir heute Risikomanagement in Perfektion benötigen, um … read more die eigene Begrenztheit kennenzulernen, und die Gesetze der Natur zu respektieren. die eigene Angepasstheit, und die dadurch erdrückte Courage und Kreativität wieder freizusetzen. Wir brauchen professionell handelnde Führungspersönlichkeiten, um … ein wiederholtes, kollektives Fahren in den Abgrund zu stoppen. Vorbilder zu haben, um all das – was man meint festhalten zu müssen – endlich loszulassen, sprich sich auf das Verzichtabenteuer [1] einzulassen. Es braucht charismatische und couragierte Vorbilder und LehrerInnen. Auch ich habe diese, um meine persönlichen und beruflichen Umbrüche und Krisenzeiten verantwortungsbewusst zu meistern, z.B. den Kampfkunstmeister Morihei Ueshiba, Matthias Varga von Kibed und in manchen Belangen Reinhold Messner, auf den ich mich in diesem Beitrag mehrfach beziehe. Oft verfallen wir jedoch dem Irrglauben, wir sind schon so gut, dass wir keine LehrerInnen mehr brauchen. Stecken wir in dieser Überzeugung fest, dann kann es gefährlich werden. Selbstüberschätzung und Verblendung führen zu keinen verantwortungsbewussten Lösungen, sondern leider allzu oft ins Chaos. Mag sein, dass sich die negativen Folgen erst zeitversetzt zeigen, und dann tun alle sehr erstaunt und scheinen nicht zu wissen, warum das passiert ist. Anstatt ein fehlgeleitetes Verhalten und die Folgen davon einzugestehen, wird der Fehler dann auf andere geschoben – auch das ist Selbstüberschätzung und Verblendung. Inwiefern die Erfahrungen von erfolgreichen und verantwortungsbewussten AussteigerInnen und GrenzgängerInnen für Führungskräfte und der Bewältigung der Herausforderungen relevant sind, hängt ganz konkret von der Fähigkeit der Führungspersönlichkeit ab, sich zumindest gedanklich auf das Abenteuer Grenzgang einzulassen.[2] Eines ist dazu zu sagen, die Risiken des Grenzgangs werden von Nicht-GrenzgängerInnen vielfach überschätzt. Dagegen unterschätzen diese die wirklichen Bedrohungen, wie Klimawandel, Rüstungsindustrie, Ressourcenknappheit, gesellschaftliche Verarmung, Infarkttod, … [3] Doch welche Führungskraft wagt es auszubrechen, GrenzgängerIn, PionierIn und VisionärIn zu sein bzw. sich dahingehend zu entwickeln? Wie oft haben Sie persönlich einen Grenzgang und ein Ausbrechen, z.B. aus dem System, aus Ihrem Beruf, aus Ihrem Machtanspruch und Rang durchlebt, oder zumindest angedacht? Was könnte sich dadurch ändern? Was würden Sie verlieren bzw. loslassen müssen, und was könnten Sie gewinnen? Wären Sie bereit, Ihre Kompetenzen zu hinterfragen und sich einem Vorbild, einer LehrerIn anzuvertrauen? Vielleicht fühlen Sie sich gar nicht angesprochen. Möglicherweise können und wollen Sie sich auch nicht vorstellen, was alles auf uns in baldiger Zukunft zukommen mag. Das ist sehr verständlich, eine Art Selbstschutz. Wie dem auch sei, ich persönlich gestehe mir ein, dass es Zeit ist sein eigenes Verhalten zu überdenken und weiterzuentwickeln. Die globale Situation und die damit verbundenen Herausforderungen erfordern das. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner Crew unterwegs ist neue Welten zu entdecken, neues Leben und neue Zivilisationen zu erforschen. Mit diesen Worten startet jede Folge der weltbekannten amerikanischen Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“, die von Millionen von ZuschauerInnen gesehen wurde und noch immer wird. Auch wenn das bloß eine Fernsehproduktion ist, diese wurde von Menschen produziert und wird von Menschen mit Interesse gesehen. Das ist ein Zeichen dafür, dass Menschen den Kern der Courage, der Abenteuer- und Lernlust mit sich tragen. Im Kindesalter ist das sogar die Grundeinstellung, um das Leben verstehen, erforschen und neue Entwicklungsstufen erreichen zu können. Doch im Laufe der Sozialisierung haben die Einschränkungen und Begrenzungen das Vertrauen in die eigene Kraft und Courage ins Abseits geschoben. Instinkte, körperliche Geschicklichkeit, Kraft verlieren in den Industriegesellschaften seit zwei Jahrhunderten an Bedeutung. Unterbewusst löst dieser Verlust beim Einzelnen Ängste aus.[4] So sieht es Reinhold Messner, Extrembergsteiger, Grenzgänger und Visionär. So gesehen leben wir in einer verängstigten Welt. Jeder versucht seine Position und sein Vermögen so gut wie möglich zu sichern. Und gerade dieser Sicherheitswahn lähmt die Weiterentwicklung und birgt die Gefahr in sich, eine weitere Zivilisationsform bzw. Gesellschaftssystem in den Abgrund zu stürzen. Der Schrei nach einem Paradigmenwechsel ist zu hören, doch es mangelt an den Führungskräften, die diesen Change zu führen wagen. Pionierleistung ist nicht mit dem Computer und in Meetings planbar, erst im Tun selbst weiß man, was richtig und was falsch ist. Rechner sind kleinmütig, zu Grenzgängen nicht fähig.[5] Doch Vorsicht vor zu viel Kühnheit, Courage hat nichts mit (Wage)Mut zu tun. Courage haben heißt, die Gesetze der Natur respektieren, das Ziel verantwortungsbewusst planen, ein kreatives Team zusammenzustellen und als Seilschaftssystem nach anarchischem Vorbild vorzugehen. Das Führungssytem nach altem Muster kann Grenzgänge nicht gehen.[6] Diese An- und Einsichten teile ich mit Reinhold Messner. Meinen Erfahrungs- und Wissensschatz in Bezug auf tiefgreifende Umbrüche versuche ich in meiner Arbeit und in meinen Beiträgen immer wieder aufs Neue zum Ausdruck zu bringen. Ich möchte Gewohnheiten und Selbstbeweihräucherungen etwas durchrütteln, Ihr zum Teil verschüttetes Potential freilegen, Ihr Vertrauen darin stärken, um Ihre umfassenden Kompetenzen als Führungspersönlichkeit und Vorbild erfolgreich und verantwortungsbewusst zum Wirken zu bringen. Erfolgreiche Grenzgänger sind weder eine Auslese der Unerschrockenen, noch geschickte Angstverdränger. Sie lernen nur, Mut und Angst als gleichwertige Hälften eines unteilbaren Ganzen im Gleichgewicht zu halten. Wer die Angst als Makel und den Mut als Ideal verfolgt, lebt nicht lange.[7] Ihr Günther Wagner [1] Messner, Reinhold: Berge versetzen. Das Credo eines Grenzgängers. 6. Auflage. BLV Buchverlag GmbH & Co.Kg. 2010. München: S.123 reduce text
Wir brauchen Vorbilder und LehrerInnen
Wir brauchen Courage
[2] ebd.: S.9
[3] ebd.: S.24
[4] ebd.: S.28
[5] ebd.: S.89-118
[6] ebd.: S.157
[7] ebd.: S.230