Werkzeug Körper

Wie man seinen Körper zum Werkzeug macht war der Titel im Feuilleton der FAZ am 16. Juli 2012. Sie berichtete über den schottischen Radprofi David Millar, der ganz oben war, dann aber wegen Dopings gesperrt wurde.

Der begabte Zeitfahrer war beim Profiteam Cofidis unter Vertrag. Dort hatten alle „ihren kleinen Medikamentenkoffer mit ihren Spritzen und Ampullen dabei. Sich selbst eine Spritze zu setzen war das Normalste der Welt“, beschreibt Millar die Situation.

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Mit Erythropoietin, Testosteron, Amphetamine, Schlafmittel und Kokain war die rollende Apotheke ausgestattet, um punktgenau wundersame Leistungen abzurufen. Der Beitrag der FAZ erinnert mich an meinen letzten Blog zum Thema „Erfolgsfaktor Körper oder die Leiden der Leitenden“.

Dort hatte ich darauf hingewiesen, dass viele Führungskräfte ihren Körper als „funktionstüchtigen Gegenstand“ betrachten, um die an sie gestellten Aufgaben zu erfüllen, was bei manch einem Leser auf Unverständnis getroffen ist.  

  

Aber haben wir in der Wirtschaft nicht ähnliche Zustände wie im Profi-Radsport?

Schauen wir hier eventuell etwas selbstverständlicher über die Probleme hinweg, da es uns oder unsere Branche selbst betrifft?  

Laut einer Regus Studie greifen in Deutschland etwa 800.000 Arbeitnehmer regelmäßig zu Aufputschmitteln, um den Anforderungen am Arbeitsplatz gerecht zu werden. [1]

Viele Manger vergessen sich zu fragen, wo sind meine Leistungsgrenzen in einer Welt, welche von permanenten Veränderungen, wegbrechenden Sicherheiten und komplexen Aufgaben gekennzeichnet ist und versuchen den Druck „wegzuschlucken“ mit Alkohol, Medikamenten und Drogen.

So hat sich z.B. zwischen 2008 und 2010 die Zahl suchtkranker Führungskräfte und Manager, die sich in den Oberberg-Kliniken therapieren ließen, verdoppelt. [2]

Viele Menschen behandeln ihr Auto besser als sich selbst. Der Wagen wird poliert und gepflegt und zur Inspektion und zum TÜV gefahren. Er bekommt regelmäßig Benzin, Öl etc., obwohl er in der Regel nach wenigen Jahren wieder abgestoßen wird, sofern es sich nicht um einen Oldtimer handelt.

Doch der eigene Körper, welcher uns noch 30 … 60 Jahre durchs Leben tragen soll wird oft lieblos bis weit über seine Leistungsgrenzen „ausgefahren“. Schenken wir ihm etwas mehr Aufmerksamkeit und genießen so die längere Laufzeit.

 

 

[1] Regus, Düsseldorf: http://www.pressebox.de/pressemeldungen/regus/boxid/306278 , 2009-11-23
[2] Kerstin Theobald; Sucht: Dependence Days; manager online maganzin  http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,704031,00.html 

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