
ZUKÜNFTIGE WACHSTUMSMÄRKTE – NEW BUSINESS MODELS
4 Wochen Arbeitspause – davon die meiste Zeit in den großen Fjorden von Norwegen verbracht und einige Tage in einem kleinen Ort bei Wien mit der größten europäischen Fotoausstellung genossen. Ich habe viel nachgedacht, viel gelesen, reflektiert, Zeitgeistströmungen intensiv zu erfassen gesucht – mit einer großen, mich doch sehr berührenden Erkenntnis, die nahezu ident in einem Artikel in ZeitOnline vom 31. Juli 2019 zu lesen war.
Dieser Artikel, die Apokalypse ist leider auserzählt, ist für mich ein Sprungbrett. Wohin, darauf komme ich später. Zuvor 2 Gedanken in Bezug auf die auserzählten Herausforderungen, die mich in Verbindung mit einer medial deutlich wahrnehmbaren Tatsache zum Springen bringen:[1]
-
Die Handlungsweise der Menschen verursacht Probleme, doch die Probleme werden negiert. In entscheidenden Momenten glaubt man nicht den Wissenschaften, sondern frisst die Dinge heiß in sich hinein und meint, es wird doch nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
-
Die Digitalisierungs- und Klimakatastrophen sind auserzählt und jede Prognose, die dem ähnelt, wird genau durch diese Ähnlichkeit unglaubwürdig. Je dringlicher WissenschaftlerInnen vor baldigen gravierenden Konsequenzen warnen, sei es in der Digitalisierung, wie auch im Klimaschutz, desto umstrittener wird deren Position. WissenschaftlicherInnen unterstellt man in Folge Persönlichkeitsstörungen oder eine geheime Agenda.
-
Easy-Going-Lösungen, 5-Punkte-Erfolgsstrategien, die gleich wirken bzw. leicht umzusetzen sind, werden hingegen gehypt, in hoher Zahl angeklickt und mit vielen Likes beflügelt. Das ist in Ordnung, und ich will in keiner Weise Easy-Going-Patentrezepte schlecht reden. Mich bringt es vielmehr dazu, meine Arbeitsweise bzw. meine Sicht der Dinge, mein Verständnis und meine Erkenntnisse über die Digitalisierung, Wirtschaft und die damit zusammenhängenden sozialgesellschaftlichen Phänomene anders zu betrachten. Das heißt, dem gefragten Wunsch nach einfachen Lösungen nachzukommen, ohne jedoch die Situation und die Herausforderungen zu verharmlosen.
Menschen wollen Probleme lösen, aber mit den Problemen nicht konfrontiert werden – ein Paradoxon, aber scheinbar ein äußerst reales, überall anzutreffendes Phänomen. Dem möchte ich mich gemeinsam mit Gleichgesinnten stellen. Ich möchte die Probleme nicht verharmlosen, aber gleichzeitig versuchen, Lösungen zu finden, die leichter zu nehmen sind. Ich möchte Lösungen finden, die Spaß machen, die motivieren und Wachstum in neuer Weise kreieren. Das mag für manche naiv klingen. Aber vielleicht sind wir alle naiv – jene, die weiterhin an das Wirtschaftswachstum glauben, obgleich dieses sichtbar kränkelt bzw. irgendwann zwangsläufig an die Grenzen stößt, aber genauso gut diejenigen, die die gesamte Wirtschaft auf den Kopf stellen wollen, um die Erde vor Klimakatastrophen zu retten oder die Menschheit vor einer digitalen Weltmacht zu schützen suchen.
-
2020 könnte das Jahr der nächsten großen Wirtschaftskrise werden. Alle wissen bereits seit Monaten, dass es aller Voraussicht nach so kommen wird, doch kaum jemand hat sich darauf entsprechend vorbereitet. Vielleicht Sie schon, ich weiß es nicht, aber die meisten agieren im Modus, es wird schon nicht so heiß werden.[2]
-
Ebenso hat keiner in Indien gedacht, dass bei einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 5,8% und einer konsumfreudigen Mittelklasse ein massiver Absatzrückgang von 31% bei den indischen Autobauern möglich sein kann. Der Zulieferer Bosch ließ verlauten, im August werde in zwei Fabriken an 13 Tagen nicht gearbeitet. Fertigungsstraßen der Automobilbauer ruhen für 8 bis 14 Tage in diesem Quartal.[3] Das kann auch in Deutschland passieren, doch das würde man so niemals für möglich halten. Solche Szenarien sind doch bloß an den Haaren herbeigezogen, Aufsehenshascherei. Leon Festinger nennt dieses Bewertungsmuster, das so gut wie jeder und jede in sich trägt, kognitive Dissonanz.
Wenn Menschen eine Diskrepanz zwischen ihren Erwartungen und der Realität erleben, die sich nicht beseitigen lässt, erzeugt das ein tiefes Unbehagen und damit das dringende Bedürfnis, das Unbehagen zum Verschwinden zu bringen, indem man das Problem beispielsweise als nicht so schlimm zu sehen versucht, oder gar ignoriert. So kommt es, dass beispielsweise RaucherInnen Lungenkrebsstatistiken für überbewertet halten und Anlieger von Kernkraftwerken das Strahlungsrisiko- und Unfallrisiko regelmäßig niedriger einschätzen als Menschen, die weit entfernt von Atommeilern leben. In ähnlicher Weise verhält es sich mit dem Klimawandel, den man deutlich unterschätzt.[4]
Ein tadelnder bzw. angstschürender Informationsstil führt scheinbar unweigerlich dazu, die angesprochenen Herausforderungen zu ignorieren bzw. zu verharmlosen – beruhend auf der menschlichen Triebkraft der kognitiven Dissonanz. Die Apokalypsen schlittern an einem vorbei, scheinen auserzählt zu sein. Diese Einstellung mag einen beruhigen, aber mit welchen Folgen? Die Probleme werden irgendwann einmal jeden und jede treffen, auch wenn man meint, es wird nicht so heiß werden. Der Zusammenbruch des Ostblocks hätte einen darüber lehren können, dass Systeme lange über ihr eigentliches Verfallsdatum hinaus weiterexistieren können, um dann wie ein von Termiten ausgehöhltes Haus geräuschlos zusammenzubrechen.[5]
Bitte nicht schon wieder eine Hiobsbotschaft. Ja, ich weiß, es ist tatsächlich alles andere als einfach, realistische Herausforderungen so zu verbalisieren, dass man bereit ist über die existierenden Herausforderungen ehrlich nachzudenken, nicht in eine Dissonanz zu gehen bzw. sich schnell auf leicht verdauliche Scheinlösungen zu stürzen. Harald Welzer, Soziologe, Sozialpsychologe, Publizist, geht hart ins Gericht mit den Menschen in Bezug auf die Negierung ihrer Probleme. Er sagt unverblümt, die Menschheit steht aktuell vor der größten Herausforderung, der Zerstörung der eigenen Lebensgrundlage. Er spricht deshalb nicht mehr von der Gestaltung der Zukunft, sondern nur noch von den Möglichkeiten der Restauration.
Das ist aber genau das, was niemand hören will. Also frage ich mich:
-
Wie ist es möglich, die Herausforderungen nicht mehr zu negieren, das Unbehagen der Diskrepanz zwischen der Realität und den Wunschvorstellungen, sprich die kognitive Dissonanz aufzulösen, und mit Vertrauen statt Angst andere, neue Möglichkeiten aufzugreifen und umzusetzen?
-
Welche neuen Lösungen könnte man aktuell, beispielsweise in Ihrem Unternehmen andenken, die leichter verdaulich, nicht esoterisch bzw. als nicht durchführbar oder als zu voreilig betrachtet werden?
Die Beantwortung dieser Fragen sind meiner Meinung nach ein Schlüsselpunkt. Leider scheint sich jedoch dieser Dreh- und Angelpunkt für eine vielversprechende Lösungsstrategie selbst auch gleich wieder im Weg zu stehen – ganz im Sinne einer Schutzhaltung gegenüber unangenehmen Herausforderungen, die man nicht hören mag. Tut mir leid, so gesehen habe ich gerade schon wieder keine schnelle Easy-Going-Lösung im Ärmel, die ich einfach so ausschüttle, und Ihnen dann in 5 Punkten als vielversprechendes Erfolgsrezept weitergeben kann.
Der Haken liegt daran, dass wir es einfach nicht gewohnt sind, in neuen Lösungskategorien zu denken – ich selbst auch nicht. Wir, wozu ich mich auch ausnahmslos zähle, denken in äußerst festgefahrenen Kategorien, und es ist wirklich außerordentlich schwer, diese gewohnten Denkmuster, die damit verbundenen Bewertungen einschließlich der Diskrepanzen, in ein neues Licht zu stellen, und andere Denkweisen und damit auch Lösungsansätze zuzulassen.
Aber genau das, das Paradoxon, neue Lösungen zu finden, ohne die tiefgreifenden Probleme zu verharmlosen, motiviert mich gerade sehr, mich selbst mit New Business Models auseinanderzusetzen. Ich möchte mich einer neuen Lösungsstrategie anvertrauen, die weniger darauf beruht, aus Angst vor der Zukunft Probleme zu verharmlosen, oder in eine verzweifelte Anklage zu gehen, sondern aus Freude, Spaß, aus Inspiration heraus und der damit verbundenen spielerischen Leichtigkeit, neue Wege zu finden. Das kann auch Wachstum erzielen, aber vermutlich auf andere Art und Weise.
All jene, die sich vielleicht schon einmal mit Permakultur auseinandergesetzt haben wissen vielleicht, dass man mit dieser sehr gemischten Anbauweise einen deutlich größeren Obst- und Gemüseertrag bei gleicher Flächengröße erwirtschaften kann, als mit industrieller Mono-Landwirtschaft – und das noch dazu ohne künstliche Schädlingsbekämpfung. Die Art und Weise, wie die Pflanzen in Kooperationen zueinander wirken, stärkt das gegenseitige Wachstum und bekämpft Schädlinge. Das ist doch bemerkenswert – zumindest für mich.
Nichts Neues werden Sie jetzt denken, Permakultur gibt es schon lange. Ja, aber warum unterstützt man dann in großem Stil die Monokultur der Agrarriesen, die ohnehin nur 30% der weltweiten Bevölkerung zu ernähren im Stande sind und deren Arbeitsweise das größte Kapital der Landwirtschaft, den Boden, auch noch beschädigt? Diese Frage ist wieder eine Anklage, die Unbehagen auslöst und damit negiert oder gar mit Gegenargumenten rückverurteilt wird. Also wenden wir den Blick zurück zu jenem Aspekt, der positiv stimmt und betrachten jene Aspekte der Permakultur, die Erfolge zeigen, versuchen eine gedankliche Brücke aufzubauen – von der Kooperationskraft unterschiedlichster Pflanzen, die sich gegenseitig stärken, hin zu Ihrem Unternehmen und der fachübergreifenden Kooperationskraft dort.
Eine erfolgsversprechende Digitalisierung fordert ohnehin das über die Fachbereiche hinaus wirksame Denken und Handeln – sprich Diversity. Silodenken ist hingegen ein schwerer Hemmschuh für die Digitalisierung, doch in den meisten Unternehmen so derart normal und gewohnt, dass man die Monokulturen gar nicht als solche wahrnimmt, manchmal sogar meint, man agiert ohnehin schon sehr vielseitig, durchmischt, mit Querdenker*innen gestärkt – leider eine hartnäckige Illusion. Die meisten Unternehmen agieren im Modus von Monokulturen.
Dieses Aufspüren von neuen Lösungen verlangt viel Offenheit, um das fokussierte, fixierte, gewohnte Denk- und Beurteilungsmuster auszuhebeln. Dafür ist es notwendig, den persönlichen Denkradius deutlich zu vergrößern, in Austausch zu gehen mit unterschiedlichsten Menschen und ebenso Naturräumen – in Berührung zu gehen, mit Handlungsweisen, die schräg klingen, z.B. mit einem Baum kommunizieren. Ja, ich weiß, das mag jetzt für manche total daneben klingen. Lassen Sie mich ergänzen, dass die Wissenschaft herausgefunden hat und sogar belegen kann, dass wir Menschen tatsächlich mit Bäumen in kommunikativen Austausch gehen können. Das mag für viele erst einmal ein Gedankenexperiment sein.
Aber das Schöne daran ist, man kommt in Unterhaltungen, die einem persönlich viel bringen können – in jeder Weise. Das ist das, was uns Menschen ohnehin am meisten bewegt, andere Menschen und die Natur. Manchmal scheint es zwar nicht so, aber bei genauer Betrachtung sind es immer die Menschen im Austausch mit der Natur, die sich gegenseitig inspirieren oder zerstören. Aus dem heraus hat sich viel entwickelt, und könnte sich noch viel mehr entwickeln, wenn man neue Wege zu gehen sucht. Diese neuen Wege, New Business Models, müssen jedoch nicht dem Wirtschaftswachstum widerstreben, wie so oft angenommen. Vielleicht gibt es ein sowohl als auch – wie beispielsweise die Suchmaschine Ecosia, im Web suchen und Bäume pflanzen.
NEW BUSINESS MODELS
Ecosia gegründet 2010 in Wittenberg von Christian Kroll, hat im Juni fast 1,5 Millionen EURO eingenommen und veröffentlicht jeden Monat seine Finanzen. Ecosia ist die erste ökologische Suchmaschine und spendet 80% der Einnahmen an weltweite Baumpflanz-Projekte. Mittlerweile hat Ecosia 65 Millionen Bäume gepflanzt in mehr als 17 Ländern, und beschäftigt fast 50 Menschen. Ein Tree Planting Officer überprüft vor Ort, ob die Bäume wirklich angepflanzt werden, und dass sie stehen bleiben. Aber auch andere Aspekte spielen eine Rolle, u.a. faire Gehälter zahlen, keine Kinder arbeiten lassen und keine Monokulturen pflanzen. Der Strom für die Server kommt aus erneuerbaren Energien. Ecosia hat selbst Solaranlagen gebaut, und in den nächsten 3 Jahren sollen 8 Millionen EURO in neue Solaranlagen investiert werden. Beim Programmieren achtet Ecosia auf schlanke Codes, denn schlechte Codes verursachen mehr Rechenleistung, damit steigen die Serverkosten bzw. der Energieverbrauch der Server.[6]
Das Ecosia-Geschäftsmodell funktioniert wie bei jeder anderen Suchmaschine: Firmen buchen Suchbegriffe, die von der Microsoft Suchmaschine Bing geliefert wird, um die Firmenseite als Werbung oben auf der Ergebnisseite angezeigen. Für jeden Klick zahlen die Unternehmen. Ein Riesenmarkt, wenn allein Ecosia – mit einem verschwindend kleinen weltweiten Marktanteil – fast 1,5 Millionen EURO monatlich einnimmt.[7]
Auch das Unternehmen Raubein in Hard, Vorarlberg, mit dem Motto „Möbel ohne Ende“ wollen Wachstum erzielen, jedoch anders – Wachstum im Verständnis von Wertschätzung und Respekt. Raubein dient aktuell als Ausgleich für die beruflichen, meist kopflastigen Tätigkeiten, wo sich die Partnerinnen von Raubein manuell austoben und gleichzeitig Sinn suchen und stiften. Raubein schaut über die Grenzen, schaut hinter die Fassaden von alten, lehrstehenden Häusern, Hotels, Brauereien und Handwerksbetrieben, von Verwaltungs- und Fabriksgebäuden.[8]
Raubein ist ein Herzensprojekt, nicht nachhaltig in dem Sinn, wie man Nachhaltigkeit meisthin versteht, sondern beruhend auf Liebe und Respekt für gute Verarbeitung und durchhaltefähigem Material, nachhaltig aus Verbundenheit zu den Menschen, die mit den Dingen jahrelang gearbeitet und gelebt haben. Raubein sieht sich privilegiert, so arbeiten zu dürfen und gibt aus Dank einen Teil der Erlöse für soziale und gemeinnützige Initiativen der Region zurück. Zudem geht in einzelnen Fällen ein Teilbetrag des Erlöses auch an den/die Möbelspenderin zurück.[9]
Als 3. und letztes Beispiel für heute, möchte ich ein Unternehmen nennen, Sono-Motors, dass 2020 das erste serienmäßige Elektroauto Sion herausbringt, das seine Batterie zusätzlich durch die Energie der Sonne lädt. Das Dach, die Motorhaube und die gesamte Karosserie des Autos sind vollflächig mit monokristallinen Siliziumzellen verkleidet. Der gespeicherte Strom kann auch wieder abgegeben und damit beispielsweise elektrische Geräte, oder sogar ein zweites Elektroauto geladen werden. Im Innenraum reguliert ein organischer Filter aus Moos – breSono – die Luftfeuchtigkeit und filtert Feinstaub.[10]
Der Sion ist ein familienfreundlicher Allrounder: 5 Türen, 5 Sitzplätze, Isofix-Vorrichtungen, ein großzügiger Kofferraum, ein Elektromotor mit einer Maximalgeschwindigkeit von 140 km/h, eine Reichweite von 255 km nach WLTP-Standard, eine Anhängerkupplung mit einer Zuglast von maximal 750 Kilogramm, ein Schnellladesystem, …. Daran ist nichts außergewöhnlich im Vergleich zu anderen E-Autos. Doch die Möglichkeit, die Batterie durch die Sonne aufzuladen ist doch bemerkenswert, und ebenso die Art und Weise wie man versucht, ressourcenschonend zu produzieren.[11] Die verwendeten Bauteile müssen folgenden Anforderungen erfüllen: Lebensdauer von mindestens 8 Jahren, Beständigkeit gegen Umwelteinflüsse, Bruchfestigkeit und ein geringes Gewicht, das alleine macht viel aus. Darauf nimmt beispielsweise Audi mit seinem E-Tron scheinbar noch nicht viel Rücksicht. Der Audi e-tron wiegt knapp 2,5 Tonnen.
Die Batterien es Sion bestehen aus einer Zellchemie mit reduziertem Kobaltanteil. Sono-Motors hat darüber hinaus 2017 beschlossen, alle Emissionen, die bei der Produktion des Sion entlang der Lieferkette anfallen, zu kompensieren. Dies beinhaltet neben der Produktion und Zusammensetzung der Bauteile und der Logistik, auch die Emissionen der Büros sowie die Geschäftsreisen. Die Produktionsstätten im ehemaligen Werk der Kultmarke SAAB verwenden Strom aus 100 Prozent erneuerbarer Energien.[12]
Auch wenn Sion sicher noch nicht die beste Lösung ist, was die Mobilität betrifft – es ist ein weiterer Schritt. An der Stelle möchte ich ein interessantes Gedankenspiel von Welzer anführen, der den Öko-Wahn und die Umstellung des Energieverbrauchs auf rein Öko für bedenklich hält. Er schreibt: Der Glaube mit der Umstellung des Energiesystems die gefährliche Klimaerwärmung zu stoppen, ist eine Illusion. Tatsächlich würde sogar das Gegenteil der Fall sein: Würde man nämlich die Nutzung fossiler Energien vollständig durch die Nutzung erneuerbarer Energien ersetzen, gäbe es hinsichtlich der Expansion von rohstoffintensiven Ernährungs-, Wohn- und Mobilitätsstilen kein Halten mehr, denn schließlich wäre die zu deren Erzeugung benötigte Energie dann ja unbegrenzt verfügbar. Eine gelingende Energiewende in der falschen Kultur kann in der Konsequenz damit sogar zu einer Erhöhung der Zerstörungskraft der bestehenden Praxis führen – das Gegenteil einer gelungenen Transformation.[13]
Nun ja, diese Aussage mag stimmen, berührt jedoch wieder sehr unangenehm, aktiviert die kognitive Dissonanz und negiert damit die Aussage bzw. redet die Aussage schlecht und findet rasch Gegenargumente. An dem Punkt heißt es, Durchhaltevermögen zeigen, sprich die Herausforderungen bejahend im Blick haben, aber mit einer verspielten Leichtigkeit an die Sache herangehen, Abenteuerlust zulassen, um ganz neue Wege zu finden – ein Wachstum der anderen Art kreieren.
RESÜMEE
Ich selbst stehe was New Business Models betrifft, wenn ich ehrlich bin, ziemlich am Anfang. Aber ich freue mich wie ein 8jähriger Junge, der neue Abenteuer zu bestreiten sucht, wirklich neue Geschäftsmodelle ausfindig zu machen bzw. gemeinsam mit Interessierten neue Geschäftsmodelle anzudenken, neue Wachstumsmärkte zu erschließen – Wachstumsmärkte der neuen Generation. Das sehe ich als Freiheit und Teilhabe. Genau das produziert scheinbar auch die kapitalistische Gesellschaft, die Erfahrung von Freiheit und Teilhabe. Aber nach Welzer existiert Freiheit und Teilhabe im Kapitalismus nur auf dem Rücken der Ungleichheit und Ungerechtigkeit, auf der Steigerung des individuellen Glücks und der Zerstörung und Ausbeutung der Welt.
Es geht nicht mehr um die Frage, was es zu vermeiden, sondern was es zu erhalten gilt. Unausweichlich stehen wir vor den Problemen der Ressourcenknappheit, Schuldenstress, Migrationsströme, Klimakatastrophen.[14] Diese Sichtweise führt jedoch wiederum nicht dazu, neue Lösungen zu finden, sondern vielmehr dahingehend, sich zu distanzieren und die Herausforderungen zu negieren. Merken Sie es? Es ist wirklich beachtlich, wie schnell kritische Aussagen, mögen diese noch so relevant und wichtig sein, Unmut auslösen, und damit die Auseinandersetzung mit den Problemen äußerst subtil so zu verdrehen sucht, dahingehend dass die Probleme eigentlich gar nicht wirklich bestehen bzw. viel harmloser scheinen.
Scheinbar gelassen geht man mit moralisch zutiefst verstörenden Sachverhalten um – und genau das sind wir auch gewohnt. Es ist nicht nur die kognitive Dissonanz, sondern auch die Gewohnheit, sich so von Herausforderungen zu distanzieren und sich damit irgendwie zu belügen. Neu ist nur: Man betrügt jetzt nicht nur die anderen, die irgendwo da draußen in der Welt sind, sondern inzwischen auch die eigenen Leute – die eigenen Kinder, Nichten, Neffen, Enkel und all jene, die nach uns kommen. Welzer diagnostiziert: Ich selbst bin das Problem, das gelöst werden muss, wenn die Welt zukunftsfähig bleiben soll.[15]
Merken Sie es vielleicht jetzt wieder? Diese letzte Aussage löst vermutlich erneut Unbehagen aus, vielleicht fühlen Sie schon die Abwehr in sich aufsteigen. Und genau jetzt an dem Punkt kann es spannend werden. Vielleicht schafft man es, jetzt an diesem Punkt, die Herausforderung nicht sofort zu negieren, sondern mit Respekt stehen zu lassen, aber gleichzeitig mit dem Drang nach positiven Gefühlen, mit einer Brise der Easy-Going-Strategie zu verbinden – ein Sowohl-als-auch zulassen.
Ich möchte jedenfalls die nächsten Wochen dafür nutzen, in leichterer Weise schwere Themen und Herausforderungen anzugehen. Ich freue mich darauf. Ich möchte die Probleme und Herausforderungen nicht negieren, aber ich möchte niemanden mit apokalyptischen Aussagen bedrängen, sondern versuchen, die Lust an wirklich neuen Geschäftsideen zu wecken, die Lust für wirtschaftliches Abenteuer anzuregen, in neue Wachstumsmärkte zu investieren, Grenzen in hochgestimmter Weise zu überschreiten.
Ihr Günther Wagner
PS: Um meine zukünftigen Beiträge zu lesen, können Sie mir auch auf LinkedIn, Xing und Twitter folgen. Darüber hinaus finden Sie in der Gruppe „Leadership Café …“ neben meinen Beiträgen ebenso Beiträge anderer HR Influencer.
Literaturquellen:
[1] https://www.zeit.de/kultur/2019-07/klimakatastrophe-apokalypse-weltuntergang-hysterie-erderwaermung. Am 2019-08-27 gelesen.
[2] https://www.msn.com/de-at/finanzen/top-stories/es-droht-die-nächste-große-wirtschaftskrise-und-alle-schauen-nur-zu/ar-AAGoda1?ocid=spartandhp. Am 2019-08-27 gelesen.
[3] https://www.nzz.ch/wirtschaft/abrupter-stopp-fuer-indiens-autoindustrie-ld.1502004. Am 2019-08-27 gelesen.
[4] Welzer, Harald: Selbstdenken. Eine Anleitung zum Widerstand. S.Fischer Verlag GmbH. Frankfurt a.M.: 2013.
[5] Welzer, Harald: Selbstdenken. Eine Anleitung zum Widerstand. S.Fischer Verlag GmbH. Frankfurt a.M.: 2013.
[6] https://www.ecosia.org/. Am 2019-08-27 gelesen.
[7] https://www.ecosia.org/. Am 2019-08-27 gelesen.
[8] https://www.raubein.at/. Am 2019-08-27 gelesen.
[9] https://www.raubein.at/. Am 2019-08-27 gelesen.
[10] https://sonomotors.com/de/. Am 2019-08-27 gelesen.
[11] https://sonomotors.com/de/. Am 2019-08-27 gelesen.
[12] https://sonomotors.com/de/. Am 2019-08-27 gelesen.
[13] Welzer, Harald: Selbstdenken. Eine Anleitung zum Widerstand. S.Fischer Verlag GmbH. Frankfurt a.M.: 2013.
[14] Welzer, Harald: Selbstdenken. Eine Anleitung zum Widerstand. S.Fischer Verlag GmbH. Frankfurt a.M.: 2013.
[15] Welzer, Harald: Selbstdenken. Eine Anleitung zum Widerstand. S.Fischer Verlag GmbH. Frankfurt a.M.: 2013.